04017 Bedeutsame Vorkommnisse in der Strahlentherapie
Pflichten, Abläufe und Bewertung gemäß StrlSchV
Anlage 14 zu § 108 StrlSchV benennt Kriterien für BVs, u. a. Dosisabweichungen, Verwechslungen und unerwartete deterministische Wirkungen. Laut BfS stieg die Zahl gemeldeter BVs am stärksten in der Röntgendiagnostik, und zwar von 8 (2019) auf 140 (2023). 2023 wurden 209 BVs aus medizinischen Anwendungen analysiert. Besonders häufig traten in der Strahlentherapie Personen- oder Bestrahlungsplanverwechslung (Kategorie III Nummer 5 der Anlage 14) auf. Im Gegensatz zur Röntgendiagnostik, in der über 70 % der Meldungen aus Regel- und Maximalversorgungseinrichtungen stammen, zeigen sich in der Strahlentherapie keine klaren Betreibertrends. von: |
1 Rechtlicher Rahmen und Umsetzung in Deutschland
Die Sicherheit von Patienten, Personal und Dritten im Kontext medizinischer Anwendungen ionisierender Strahlung ist ein zentrales Anliegen des Strahlenschutzes auf europäischer wie auch nationaler Ebene. Einen wesentlichen Beitrag zur Qualitätssicherung und Risikominimierung leisten dabei die systematische Erfassung, die Bewertung und die Aufarbeitung von Vorkommnissen, die mit der Anwendung solcher Strahlung in Zusammenhang stehen. Dies umfasst nicht nur tatsächlich eingetretene Ereignisse, sondern auch sogenannte Beinahevorkommnisse, bei denen es – oft nur durch Zufall oder rechtzeitige Intervention – nicht zu einer tatsächlichen Gefährdung gekommen ist.
Basic Safety Standards
Die rechtliche Grundlage bildet die Richtlinie 2013/59/Euratom des Rates der Europäischen Union, die sogenannte „Grundnormenrichtlinie” (Basic Safety Standards – BSS), die am 5. Dezember 2013 verabschiedet wurde. Diese verpflichtet die Mitgliedstaaten der Europäischen Union unter anderem zur Einführung verbindlicher Regelungen zur Erfassung und Analyse sowohl tatsächlicher als auch potenzieller (beinahe) radiologischer Vorkommnisse. Ziel ist eine europaweit einheitliche, ausgeprägte Sicherheitskultur in allen strahlenschutzrelevanten Bereichen, insbesondere auch im medizinischen Sektor.
Die rechtliche Grundlage bildet die Richtlinie 2013/59/Euratom des Rates der Europäischen Union, die sogenannte „Grundnormenrichtlinie” (Basic Safety Standards – BSS), die am 5. Dezember 2013 verabschiedet wurde. Diese verpflichtet die Mitgliedstaaten der Europäischen Union unter anderem zur Einführung verbindlicher Regelungen zur Erfassung und Analyse sowohl tatsächlicher als auch potenzieller (beinahe) radiologischer Vorkommnisse. Ziel ist eine europaweit einheitliche, ausgeprägte Sicherheitskultur in allen strahlenschutzrelevanten Bereichen, insbesondere auch im medizinischen Sektor.
Vorkommnismanagement
Die Umsetzung dieser europarechtlichen Vorgaben in nationales Recht erfolgte in Deutschland durch das am 31. Dezember 2018 in Kraft getretene Strahlenschutzgesetz (StrlSchG) sowie die gleichzeitig novellierte Strahlenschutzverordnung (StrlSchV). Diese beiden Regelwerke konkretisieren die Anforderungen an ein umfassendes Vorkommnismanagement, einschließlich Meldepflichten, Zuständigkeiten und Informationsflüssen zwischen den beteiligten Akteuren.
Die Umsetzung dieser europarechtlichen Vorgaben in nationales Recht erfolgte in Deutschland durch das am 31. Dezember 2018 in Kraft getretene Strahlenschutzgesetz (StrlSchG) sowie die gleichzeitig novellierte Strahlenschutzverordnung (StrlSchV). Diese beiden Regelwerke konkretisieren die Anforderungen an ein umfassendes Vorkommnismanagement, einschließlich Meldepflichten, Zuständigkeiten und Informationsflüssen zwischen den beteiligten Akteuren.
§ 110 StrlSchV
Ein zentrales Element dieses Systems ist die Pflicht zur Meldung bedeutsamer Vorkommnisse an die zuständige Behörde. Gemäß § 110 Absatz 2 Satz 2 StrlSchV ist die zuständige Landesbehörde verpflichtet, nach Eingang einer Meldung über ein als bedeutsam eingestuftes Vorkommnis unverzüglich die zentrale Stelle auf Bundesebene zu informieren – das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS). Diese Regelung soll sicherstellen, dass relevante Informationen zu sicherheitskritischen Ereignissen zeitnah gebündelt und einer überregionalen Bewertung zugeführt werden können.
Ein zentrales Element dieses Systems ist die Pflicht zur Meldung bedeutsamer Vorkommnisse an die zuständige Behörde. Gemäß § 110 Absatz 2 Satz 2 StrlSchV ist die zuständige Landesbehörde verpflichtet, nach Eingang einer Meldung über ein als bedeutsam eingestuftes Vorkommnis unverzüglich die zentrale Stelle auf Bundesebene zu informieren – das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS). Diese Regelung soll sicherstellen, dass relevante Informationen zu sicherheitskritischen Ereignissen zeitnah gebündelt und einer überregionalen Bewertung zugeführt werden können.
Zur effizienten Bearbeitung und Dokumentation dieser Meldungen hat das BfS die webbasierte Plattform BeVoMed („Bedeutsame Vorkommnisse in der Medizin”) eingerichtet. BeVoMed dient sowohl als zentrales Erfassungs- und Kommunikationssystem als auch als Instrument zur übergeordneten Analyse und Aufarbeitung gemeldeter Vorkommnisse im medizinischen Strahlenschutz. Das System richtet sich insbesondere an Einrichtungen, die ionisierende Strahlung zu diagnostischen oder therapeutischen Zwecken einsetzen – etwa in der Radiologie, Nuklearmedizin oder Strahlentherapie – und bietet eine standardisierte, sichere Schnittstelle zur Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen Meldepflichten.
Die zentrale Funktion von BeVoMed geht jedoch über die reine Meldeerfassung hinaus. Mit der strukturierten Erhebung relevanter Daten zu Art, Ursache, Auswirkungen und getroffenen Maßnahmen nach einem Vorkommnis leistet das System einen substanziellen Beitrag zur Förderung einer lernenden Sicherheitskultur. Die überregionale Auswertung ermöglicht das Erkennen systematischer Schwachstellen, etwa im Bereich technischer Abläufe sowie in der Kommunikation oder Qualifizierung des Personals. So können gezielte präventive Maßnahmen abgeleitet werden, die über die einzelne Einrichtung hinauswirken und das Strahlenschutzniveau im Gesundheitswesen insgesamt verbessern.
§ 105 StrlSchV
Nicht zuletzt trägt die konsequente Aufarbeitung von Vorkommnissen auch zur Qualitätssicherung im Rahmen des Qualitätsmanagements (§ 105 StrlSchV) bei. Die Rückführung der gewonnenen Erkenntnisse in klinische Prozesse und Schulungskonzepte ist ein essenzieller Baustein zur kontinuierlichen Verbesserung der Patientensicherheit und zur Minimierung von Risiken durch ionisierende Strahlung.
Nicht zuletzt trägt die konsequente Aufarbeitung von Vorkommnissen auch zur Qualitätssicherung im Rahmen des Qualitätsmanagements (§ 105 StrlSchV) bei. Die Rückführung der gewonnenen Erkenntnisse in klinische Prozesse und Schulungskonzepte ist ein essenzieller Baustein zur kontinuierlichen Verbesserung der Patientensicherheit und zur Minimierung von Risiken durch ionisierende Strahlung.
Bedeutsame Vorkommnisse in der Strahlentherapie sind Ereignisse, die zu einer unbeabsichtigten Strahlenexposition von Patienten oder Personal führen oder hätten führen können. Dazu gehören beispielsweise Dosisüberschreitungen, Personen- oder Bestrahlungsplanverwechslungen sowie das Auftreten unerwarteter deterministischer Wirkungen. Strahlenschutzverantwortliche sind verpflichtet, diese Vorkommnisse zu analysieren, Maßnahmen zu ihrer Vermeidung zu ergreifen und sie den zuständigen Aufsichtsbehörden zu melden.
2 Beispiele für bedeutsame Vorkommnisse in der Strahlentherapie und deren Meldung
Beispiele für bedeutsame Vorkommnisse in der Strahlentherapie sind:
• | Dosisüberschreitungen: Diese können aufgrund von Fehlern bei der Bestrahlungsplanung oder Gerätedefekten auftreten. |
• | Verwechslungen: Personenverwechslungen oder falsche Bestrahlungspläne, die zu einer Bestrahlung des falschen Körperteils oder einer falschen Patientendosis führen. |
• | Technische Fehler: Defekte an Bestrahlungsgeräten oder Fehlfunktionen. |
• | Bestrahlungsplanfehler: Fehler bei der Planerstellung, die zu einer falschen Dosierung oder fehlerhaften Bestrahlungsfeldern führen. |
Der Melde- und Bewertungsprozess läuft wie folgt ab:
1. | Meldung: Der Strahlenschutzverantwortliche meldet das bedeutsame Vorkommnis der zuständigen Aufsichtsbehörde. |
2. | Analyse: Die Aufsichtsbehörde bewertet das gemeldete Ereignis und analysiert die Ursachen. |
3. | Maßnahmen: Basierend auf der Analyse werden Maßnahmen zur Vermeidung ähnlicher Vorkommnisse in der Zukunft ergriffen und gegebenenfalls angeordnet. |
4. | Weiterleitung: Die bewerteten Meldungen werden pseudonymisiert an das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) weitergeleitet, um Erkenntnisse zu gewinnen und die Sicherheit in der Strahlentherapie zu verbessern. |
Die Ziele der Meldung und der Analyse sind:
• | Vermeidung zukünftiger, ähnlich gelagerter Vorkommnisse in der Strahlentherapie, |
• | Verbesserung der Sicherheit und Qualität in der medizinischen Anwendung von ionisierender Strahlung, |
• | Lernen aus Fehlern, um die Patientensicherheit zu steigern und jederzeit zu gewährleisten. |
Meldung und Analyse bedeutsamer Vorkommnisse sind wichtige Bestandteile der Qualitätssicherung in der Strahlentherapie und tragen dazu bei, dass Patienten bestmöglich geschützt werden.
3 Bedeutsame Vorkommnisse in der Strahlentherapie und die Pflichten des Strahlenschutzverantwortlichen
§ 90 StrlSchG
Gemäß § 90 Abs. 1 des Strahlenschutzgesetzes (StrlSchG) wird die Ermächtigung erteilt, durch Rechtsverordnung spezifische Regelungen zu den Pflichten, Aufgaben und Befugnissen im Zusammenhang mit radiologischen Vorkommnissen festzulegen. Absatz 2 dieses Paragrafen präzisiert ergänzend die Verantwortlichkeiten des Strahlenschutzverantwortlichen, insbesondere im medizinischen Kontext. Dazu gehören die fachgerechte Bewertung, die strukturierte Dokumentation und die fristgerechte Meldung von Vorkommnissen sowie die Einleitung geeigneter Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und zur Analyse ursächlicher Faktoren. Der Strahlenschutzverantwortliche übernimmt damit eine zentrale Rolle bei der Sicherstellung eines qualitätsgesicherten Vorkommnismanagements in der medizinischen Anwendung ionisierender Strahlung.
Gemäß § 90 Abs. 1 des Strahlenschutzgesetzes (StrlSchG) wird die Ermächtigung erteilt, durch Rechtsverordnung spezifische Regelungen zu den Pflichten, Aufgaben und Befugnissen im Zusammenhang mit radiologischen Vorkommnissen festzulegen. Absatz 2 dieses Paragrafen präzisiert ergänzend die Verantwortlichkeiten des Strahlenschutzverantwortlichen, insbesondere im medizinischen Kontext. Dazu gehören die fachgerechte Bewertung, die strukturierte Dokumentation und die fristgerechte Meldung von Vorkommnissen sowie die Einleitung geeigneter Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und zur Analyse ursächlicher Faktoren. Der Strahlenschutzverantwortliche übernimmt damit eine zentrale Rolle bei der Sicherstellung eines qualitätsgesicherten Vorkommnismanagements in der medizinischen Anwendung ionisierender Strahlung.
Ein Qualitätsmanagementsystem (QM-System) nach § 105 der Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) bildet im medizinischen Strahlenschutz eine elementare Grundlage für die frühzeitige Identifikation und Prävention strahlenbedingter Vorkommnisse. Einrichtungen, die ionisierende Strahlung zu diagnostischen oder therapeutischen Zwecken anwenden, sind verpflichtet, ein strukturiertes QM-System zu implementieren, das eine kontinuierliche Überwachung, Evaluation und Verbesserung sicherheitsrelevanter Abläufe gewährleistet.
Insbesondere im Bereich der Medizin und der Medizinphysik ermöglicht ein solches QM-System die systematische Erfassung und Bewertung von Abweichungen vom normgerechten Betrieb medizinischer Strahleneinrichtungen (z. B. Linearbeschleuniger, Afterloading usw.). Dies trägt nicht nur zur Einhaltung strahlenschutzrechtlicher Vorgaben, sondern auch wesentlich zur Etablierung einer ausgeprägten Sicherheitskultur bei und minimiert potenzielle Risiken für Patienten, medizinisches Fachpersonal sowie Dritte.