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02013 Schutzvorkehrungen

Bei der Neugestaltung des Strahlenschutzrechts in den Jahren 2017 bis 2018 wurde der frühere § 43 der Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) in drei separate Paragrafen der neuen Strahlenschutzverordnung unterteilt: § 69, § 70 und § 75. Diese behandeln den Schutz von schwangeren und stillenden Personen, den Umgang mit offenen radioaktiven Stoffen sowie sonstige Schutzvorkehrungen. In § 69 wird der Schutz ungeborenen Lebens hervorgehoben. Schwangere dürfen im Kontrollbereich der Nuklearmedizin nicht arbeiten, um das Risiko der Inkorporation radioaktiver Stoffe zu minimieren. In der Strahlentherapie wird durch Anpassung der Arbeitsabläufe eine Exposition verhindert. Dosimeter überwachen wöchentlich die berufliche Strahlenexposition schwangerer Frauen. Der Grenzwert für die Gebärmutter beträgt 2 Millisievert pro Monat. § 70 regelt Maßnahmen zur Vermeidung der Inkorporation wie das Tragen von Schutzkleidung und das Verbot bestimmter Tätigkeiten für Personen unter 18 Jahren. § 75 thematisiert den baulichen und technischen Strahlenschutz, um die Einhaltung der Grenzwerte für Personal und Umwelt zu gewährleisten.
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1 Rechtliche Grundlagen

1.1 § 69 StrlSchV: Schutz von schwangeren und stillenden Personen

Sobald der Strahlenschutzverantwortliche darüber informiert wird, dass eine Person, die einer beruflichen Exposition ausgesetzt sein kann, schwanger ist oder stillt, hat er dafür zu sorgen, dass
1.
die berufliche Exposition der schwangeren Person arbeitswöchentlich ermittelt wird und
2.
die Arbeitsbedingungen der schwangeren oder stillenden Personen so gestaltet werden, dass eine innere berufliche Exposition ausgeschlossen ist.
Der Strahlenschutzverantwortliche hat dafür zu sorgen, dass die ermittelte Exposition der schwangeren Person unverzüglich mitgeteilt wird.

1.2 § 70 StrlSchV: Schutz beim Umgang mit offenen radioaktiven Stoffen; Beschäftigungsverbote

(1) Der Strahlenschutzverantwortliche hat dafür zu sorgen, dass Personen beim Umgang mit offenen radioaktiven Stoffen, deren Aktivität und spezifische Aktivität die Freigrenzen der Anlage 4 Tabelle 1 Spalte 2 und 3 überschreitet,
1.
die erforderliche Schutzkleidung tragen und die erforderliche Schutzausrüstung verwenden und
2.
dass ein Verhalten, durch das sie radioaktive Stoffe aufnehmen können, insbesondere Essen, Trinken, Rauchen und die Verwendung von Gesundheitspflegemitteln und kosmetischen Mitteln, untersagt wird.
Der Strahlenschutzverantwortliche hat dafür zu sorgen, dass Personen unter 18 Jahren nicht mit offenen radioaktiven Stoffen, deren Aktivität und spezifische Aktivität die Freigrenzen der Anlage 4 Tabelle 1 Spalte 2 und 3 überschreitet, umgehen, wenn der Umgang genehmigungsbedürftig ist. Satz 1 Nummer 1 und 2 gilt entsprechend beim Aufenthalt in Bereichen, in denen mit den in Satz 1 genannten Stoffen umgegangen wird, es sei denn, dies ist bei Patienten oder Betreuungs- und Begleitpersonen aufgrund der Aufenthaltsdauer nicht zumutbar.
(2) Die zuständige Behörde kann für Auszubildende und Studierende im Alter zwischen 16 und 18 Jahren Ausnahmen von Absatz 1 Satz 2 zulassen, wenn dies für die Erreichung des Ausbildungsziels notwendig ist und eine ständige Aufsicht und Anleitung durch eine Person, die die erforderliche Fachkunde im Strahlenschutz besitzt, gewährleistet wird.

1.3 § 75 StrlSchV: Sonstige Schutzvorkehrungen

(1) Der Strahlenschutzverantwortliche hat dafür zu sorgen, dass der Schutz beruflich exponierter Personen vor äußerer und innerer Exposition vorrangig durch bauliche und technische Vorrichtungen oder durch geeignete Arbeitsverfahren sichergestellt wird.
(1a) Der Strahlenschutzverantwortliche hat dafür zu sorgen, dass beruflich exponierte Personen, die sich im Kontrollbereich aufhalten, die erforderliche Schutzkleidung tragen und die erforderliche Schutzausrüstung verwenden.
(2) Der Strahlenschutzverantwortliche hat dafür zu sorgen, dass offene radioaktive Stoffe an Arbeitsplätzen nur so lange und in solchen Aktivitäten vorhanden sind, wie das Arbeitsverfahren es erfordert.
(3) Beim anzeigebedürftigen Betrieb eines Luftfahrzeugs hat der Strahlenschutzverantwortliche dafür zu sorgen, dass der Pflicht zur Dosisreduzierung insbesondere bei der Aufstellung von Arbeitsplänen Rechnung getragen wird. Absatz 1 findet keine Anwendung.

2 Erläuterungen

§ 43 alt
Bei der Neugestaltung des Strahlenschutzrechts im Jahr 2017/18 wurde der ehemalige Paragraf 43 „Schutzvorkehrungen” der StrlSchV mit seinen drei Absätzen in drei neue Einheiten/Paragrafen „zerlegt”. Jeder Absatz des alten Paragrafen „Schutzvorkehrungen” findet sich nun in einem eigenen Paragrafen der StrlSchV. Dies sind die Paragrafen § 69 „Schutz von schwangeren und stillenden Personen”, § 70 „Schutz beim Umgang mit offenen radioaktiven Stoffen; Beschäftigungsverbote” und § 75 „Sonstige Schutzvorkehrungen”. Diese drei Paragrafen spiegeln die bisherigen Anforderungen an den Strahlenschutz wider und wurden ausführlicher gefasst.
§ 69 StrlSchV
In § 69 wird der Schutz des ungeborenen Lebens als besonders schützenswert in den Verantwortungsbereich des Strahlenschutzverantwortlichen gelegt. Mittels Analyse des aktuellen Arbeitsplatzes einer schwangeren Person soll zuerst sichergestellt werden, dass die Inkorporation von offenen radioaktiven Stoffen ausgeschlossen wird. Das hat zur Folge, dass i. d. R. in der Nuklearmedizin in der weiteren Beschäftigungsphase ein Einsatz im Kontrollbereich nicht mehr möglich wird, da eine unbewusste Inkorporation nie zu 100 % ausgeschlossen werden kann. Bei Mitarbeitenden in der Strahlentherapie ist eine Inkorporation von radioaktiven Stoffen i. d. R. nur durch aktivierte Luft im Bestrahlungsraum als mögliche Gefährdung anzunehmen. Diese aktivierte Luft entsteht durch den kernphysikalischen Effekt erst ab einer Beschleunigung von mindesten 10 MV. Daher lassen sich Arbeitsabläufe so gestalten, dass schwangere Personen zur Sicherheit nur bei Bestrahlungen bis 6 MV in dem Kontrollbereich tätig werden. Ergänzend haben Untersuchungen gezeigt, dass aufgrund des starken Luftwechsels (i. d. R. sechs- bis achtfacher Luftwechsel), den die DIN-Norm 1946-4 „Raumlufttechnik – Teil 4: Raumlufttechnische Anlagen in Gebäuden und Räumen des Gesundheitswesens” geregelt ist, die Aktivitätskonzentrationen durch aktivierte Luft nach dem Ende der Bestrahlung bei 15 MV sehr schnell absinken und für das Personal keine signifikante Dosisexposition darstellen.
Einsatz von Dosimetern
Des Weiteren verlangt § 69 von dem Strahlenschutzverantwortlichen, dass mithilfe eines Dosimeters die berufliche Exposition der schwangeren Person arbeitswöchentlich ermittelt wird. Dazu eignen sich mit Display ausgestattete, jederzeit ablesbare elektronische Dosimeter. Die Transparenz und die innerbetriebliche Kommunikation sollten an sich sicherstellen, dass die ermittelten Expositionswerte der schwangeren Person mitgeteilt werden, dies wird aber zur Sicherheit in dem Paragrafen noch einmal explizit als Aufgabe in dem Prozess erwähnt. Ergänzend sei noch auf § 78 Abs 4 des StrlSchG „Grenzwerte für beruflich exponierte Personen” hingewiesen, der festlegt, dass bei gebärfähigen Frauen der Grenzwert für die Organ-Äquivalentdosis der Gebärmutter 2 Millisievert im Monat beträgt. Für ein ungeborenes Kind, das aufgrund der Beschäftigung der Mutter einer Exposition ausgesetzt ist, beträgt der Grenzwert der effektiven Dosis vom Zeitpunkt der Mitteilung über die Schwangerschaft bis zu deren Ende 1 Millisievert.

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